Heute ist ja Sonntag und wir haben uns erlaubt ein Stündchen länger zu schlafen. Muss auch mal sein. Überlegungen in einen Outlet zu fahren haben wir verworfen. Ich komme wohl nicht mehr zum Shoppen. Ist nicht so schlimm. Also sind wir mal losgefahren und haben getankt. Eine neue Variante. Hundert Dollar rein bringen zum Tankwächter, tanken und dann bezahlen. Die Reise geht weiter gen Osten und das Meer verschwindet nun für zwei Wochen im Rückspiegel. Die Landschaft verändert sich schnell und es wird auch wärmer. Das erste Ziel am heutigen Tage ist Julian. Wie bin ich darauf gekommen? Also ich las irgendwo, dass es in Julian den weltbesten Apple Pie gibt und davon wollte ich mir mal ein eigenes Bild machen. Dieser kleine bezaubernde Ort besteht im Grunde aus einer Straße. Sehr amerikanisch, wie in einem Steven King Film vielleicht. Alles voller Apfelkuchen und ja, auch Apfelbäume gibt es dort. Viele kleine Lädchen mit Antikkrams und schönen Dingen. In „Granny’s Kitchen“ ging es dann um die Wurst. Ein riesiges Stück Apfelkuchen mit drei riesigen Kugeln Vanilleeis. Der Kuchen war warm, das Ganze der Wahnsinn. Waren dann noch ein bisschen bummeln auf der Main Street. Nun kommen wir zu dem Teil des Tages, den ich bis hier hin tunlichst verschwiegen habe. Irgendwo zwischen San Diego und Julian meldete sich das völlig durchelektronisierte Fahrzeug der Firma Jeep mit der Meldung, dass vorne links der Luftdruck des Reifens nachlässt. Eine Meldung der ich skeptisch und mit argwohn gegenüber stand. In Julian gibt es eine winzige etwas ranzige Tankstelle, so wie man sie sich vorstellt. Ich gehe hinein und sage etwas wie „Help! We need help. Our wheel had not enough air“ oder so ähnlich. Der Tankstellenwächter schickte einen Mann und dieser sah auch schon des Pudels Wurzel, des Übels Kern. Eine screw. „I have a scew in my tyre“ ist so ähnlich wie „I have a snake in my boot“. Allan wusste sofort was zu tun war. Luft draufpumpen half nix, der Reifen musste runter und ein Ersatz musste drauf. Das Zittern und Bangen kurz vorm Öffnen der Klappe im Kofferraum- ist da etwas brauchbares drin? Jep, und zwar kein Ersatzrad, sonder ein richtiger Reifen. Wie wonderful. Ja und dann hat Allan uns beigebracht, wie man einen Reifen wechselt. Schrauben sternförmig abschrauben, Wagenheber hat unterm Auto da und da seinen Platz und Handbremse und… Na ja. Die Männer unterhalten sich, nebeneinander unter dem Auto liegend. So etwas verbindet. Allan hat seine Wurzeln wie viele Amerikaner in Deutschland. Er erzählt irgendwas mit Pickelhaube. Seine Oma hieß Gertrud. Er fragt Ole, was er denn beruflich mache. Socialworker at a big School. Hach toll und was haben die Jugendlichen denn so für Sorgen? Ja alles über Familie und Schule und so. Allan zeigt uns ein Foto. Es zeigt ihn auf einem Kanonenboot als siebzehnjährigen im Vietnamkrieg. Allan ist Kriegsveteran und jobbt nun sechzig jährig an der Tankstelle. Alle scheinen ihn zu kennen, ein Fundskerl. Eine halbe Stunde später ist der Drops gelutscht und Wagen ist wieder fit. Es folgen Umarmungen, nice to meet you und many, many thanks und you are ouer Hero. Ich wünsche ihm alles Gute. Wir fahren weiter. Hat uns schon ein bisschen Zeit gekostet und wir haben noch zwei Stunden bis Palm Springs. Es wird immer karger und trockener und auch wärmer. In die Ruhe und Ausgelassenheit des ausklingenden Tages meldet sich das Auto wieder zu Wort. Bla bla Reifendruck. Halt’s Maul. Luft ist drauf und jetzt wird gefahren. Darum kümmern wir uns morgen. In Palm Springs angekommen war die Freude groß. Genau gegenüber ist Ralph’s. Kurz nach dieser Freude holte uns die Realität ein. Wenn es nicht um 7pm noch 99 Grad Fahrenheit gehabt hätte, hätte man sagen können es hat uns kalt erwischt. Erst dachte ich, es wäre auf dem Parkplatz des Saguaro Hotels so etwas wie ein Bus mit 1000 Jugendlichen bis jungen Erwachsenen angekommen, die auschließlich mit Bademode bekleidet waren. Und genau so war es auch. Ein höllen Theater auf dem Parkplatz und in der Lobby. Das Saguaro macht eine Poolparty und lädt ganz Palm Springs dazu ein. Ganz schlimm, ganz krass. Alle besoffen, da schon und man kommt sich vor wie in einem amerikanischen Teeny-Film oder Eis am Stiel Teil 73 oder so. Bikinis, die sich die Damen auch hätten schenken können, Glitzer in der Ritze und was weiß ich. Da sag noch einer die Amerikaner seien prüde. Die Mucke war dermaßen laut, dass wir uns haben in der Lobby nicht unterhalten können. Der Lobbyman sagt um 9pm sei die Party zu Ende und ich dachte so bei mir „Genau und dann gehen alle schön in die Hei“. Ich war müde und wollte schlafen. Die über uns nicht! Die wollten mal so richtig einen lose machen mit rumbrüllen und bollern und kreischen. Ole ruft in der Lobby an, denn wir hatten den Eindruck, dass dem Sicherheitspersonal das Ende der Poolparty etwas entglitten war. Im Flur rauf und runter Gegröhle. Türen knallen und so weiter. Es wurde nicht besser. Um 12pm hat Ole geschimpft und Ramba Zamba gemacht „I’am angry. I book a Hotel, not a youthhostel“. Ich war ganz stolz auf meinen Mann. Halbe Stunden später sah ich mich in einem anderen Flügel des Hotels in einer traumhaften Suite untergebracht. Die Musik war laut, aber damit konnte ich leben. Welch ein ereignisreicher Tag.