Kingman am Fuße der Route 66

Wir sind früh hoch. Das Quality Inn inKingman wirbt mit warmem Frühstück. Ich habe Angst davor. Als ich meinen Koffer in das Auto wuchte, werde ich von einem riesigen Käfer angegriffen. Er hatte sich im Auto versteckt und auf mich gewartet. Als ich in meiner Panik schreie und den Rest der vielleicht noch Schalfenden wach hatte, habe ich das Vieh grinsen sehen. Mein todesmutiger Mann hat den Käfer dann gebeten unser Auto zu verlassen. Die beiden kamen besser zurecht. Das Frühstück war wie zu erwarten eher etwas für Ole denn für mich. Das mag den einen oder die andere wundern, denn ich bin ja schon eine Freundin des deftigen Essens, aber das geht irgendwie nicht. So eine Art Nürnberger Bratwürstchen, doch der Geschmack… Und dann wieder so Rührei und Kartoffeln wie Puffer aus der Friteuse. Ich essen mal einen Toast. Der Kaffee ist ein Schlage ins Gesicht so wie früher in der Onko-Werbung. Ich bekomme einen von weiter unten und da schwimmen die schwarzen Ablagerungen aus der Kanne drinnen rum. Ab ins Auto. Die Reise geht nach Tusayan, Richtung Grand Canyon. Ole möchte gerne einen Abstecher in die Geisterstadt Chloride machen. Sie ist nicht wirklich eine Geisterstadt. Ein paar Leute wohnen da. Freeks und Alte und welche, die es ruhig haben wollen nehme ich an. Es ist ganz bezaubernd. Es gibt alte verlassene Häuser, einen Shop, und das alte Gefängnis. Viele alte Dinge, die an das Leben vor hundert Jahren erinnern, wurden liebevoll in der Gegend drapiert. Die Leute die da wohnen haben ihre Häuser und Gärten mit Installationen vollgeballert. Schwer zu erklären, aber schön. Das Wetter ist Bombe, rundherum Berge,  wir sehen uns alles an, gehen in das Visitor Center und ich kaufe einen Magneten. Hinter besagtem Gebirge kommt etwas dunkeles. Ole fragt was das ist. Ich will es nicht wissen. Wir verlassen Chloride, nachdem Ole versucht hatte Münzen in einen Turm zu werfen, in dem eine Glocke hing, die man mit der Münze treffen sollte. Nicht so einfach. Wir fahren zurück. Der Ausflug hat sich voll gelohnt. Wie es der Zufall will, liegt auf dem Rückweg (also fast) ein großer Laden- Boot Barn. Es ist ein Western Stiefel- und Klamottengeschäft. Soll ich heute Glück haben? Ich habe ja einen kleinen Kopf und deshalb auch immer Schwierigkeiten mit Kopfbedeckungen. Meine Cappy ist für Kids. Die Damen Cowgirlhüte sind mir alle zu groß. Wie gut, dass Boot Barn auch eine große Abteilung für Kinder hat. Ich finde ihn- DEN Hut für meinen Kopf. Ich bin glücklich. Dann noch ein paar andere Kleinigkeiten und fertig ist das Cowgirl. Endlich und keine Sekunde zu früh. Ich lasse alles gleich an und wir fahren auf die Route 66. Der historische Teil führt von Kingman über Hackberry nach Seligman. Auf diesen Teil der Reise habe ich mich im Vorfeld besonders gefreut. Der erste Stopp in Hackberry  ist ein bisschen ernüchternd. Es stehen dort neben dem Store und der alten, ehemaligen Tankstelle viele alte Autos. Früher so richtige Traumwagen, aber heute als solche kaum mehr zu erkennen. Ich habe den Eidruck, als wären die Zeiten, als man diese Schätzchen mal als Relikte dorthin gestellt hat auch schon lange vorbei. Innen ist alles von Ratten zerfetzt und zerrissen und alles ist mit Rattendreck über voll. Es ist alles einfach nur vergammelt und taugt eigentlich als Deko nicht mehr viel. Schade. Es fängt an zu regenen. Auch schade. Es fängt an zu schütten. Wer mich kennt, weiß, dass es nur wenig Dinge gibt, die ich wirklich schlimm finde. Ganz oben auf der Liste steht Regen im Urlaub. Wir fahren weiter, nachdem ich in dem Laden meinen Dollar an die Wand gehängt habe, den ich vor weit über 20 Jahren mal von meiner Freundin Britta Oppermann geschenkt bekommen habe. Ich hatte mir immer gesagt, wenn ich je nach Amerikanien komme, ist er der erste Dollar den ich ausgebe. Ich wusste bis dahin nicht wofür, da hängt er nun gut. Ich bin zufrieden (vom Regen abgesehen). Wir fahren weiter auf der Route 66, es fängt an zu gewittern, man kann kaum fahren. Katastropale so ein Arizona Gewitter. Was will man machen? In Seligman angekommen gehen wir erst mal in einen Diner. Eigentlich in den Diner- das Roadkill Cafe. Krasser Laden. Krasse Ausstattung mit Elchköpfen und Bisons und einem Diorama mit ausgestopften Wölfen und so. Erst mal essen. Es hört auf zu regnen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich allerdings schon auf zahlreiche Motive zum Fotografieren verzichten müssen. Is so. Ole und ich hatten eine Sendung im Fernsehen gesehen. Irgandwas mit den schönsten Straßen Amerikas. Da wurde auch über Lilo berichtet, die in Seligman ein Cafe betreibt und in den 60er oder 70er Jahren wegen der Liebe aus Wiesbaden hier her kam. Mal mit jemadem deutsch reden. Ich frage, wie oft es hier regnet, sie sagt „Zwei drei mal im Jahr“. Ich schweige. Ihre Erinnerung an Deutschland sei auch immer mit Regen, meine an sie jetzt auch. Sie verabschiedet uns mit den Worten: „Grüßt mir Deutschland“, wir werden es beherzigen. Draußen is es kalt. Wir fahren also weiter und kommen auf unserem Weg noch durch ein wirklich schönes Örtchen- Williams. Es hat natürlich auch die legendäre Straße als Thema, aber irgendwie ist es hier weniger depremierend. Die Route 66 ist im Grunde ein Relikt. Es mufft und gammelt an allen Ecken und der Verfall hat an manchen Stellen schon vor einiger Zeit begonnen. Wer sich das noch mal ansehen möchte, sollte das sehr bald tun. Wir kaufen noch etwas ein und fahren nach Tusayan. Auto direkt vor der Tür wieder. Ich gehe in das Zimmer, ganz wundervoll und frage mich, wo wohl die Tür hinführt auf der anderen Seite des Zimmers. Ich mache sie auf und stehe in einer Art Paradies. Leise Musik, gedämpftes Licht, eine Lagune mit Pool und alles überdacht. Das ist auch gut, denn draußen is kalt und es regnet. Wir tun die Dinge, die wir so tun müssen, Ole geht in den Pool, ich schreibe Blog. Danach wollen wir in der Lagune noch einen Cocktail haben- Bar wird gerade geschlossen. Ich gehe ins Bett.

Halbzeit- Von Palm Springs nach Kingman, Arizona

Am heutigen Montag bin ich zeitig hoch. Hätte eh nicht lange pennen können, da um 8 Uhr in der Frühe am Pool diese mistige Bumsmusik anfing und die hätte mich beim ersten Takt aus dem Selben gebracht. Nach dem Erwachen viel mir auch gleich die Sache mit dem Auto wieder ein. Mist auch! Ole macht das mit dem Telefonieren, das ist für alle Beteiligten das Beste. Wir haben von der Autovermietung einen Zettel, auf dem alle Alamo Stationen drauf stehen. Palm Springs ist auch dabei. Spannnd nur, dass alle die selbe Telefonnummer haben. Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft sie den Ole verbunden haben und er die Geschichte mit dem Reifen erzählt hat. Oft! Vier fünf mal. Es war in ganz Palm Springs kein Reifenfuzzi aufzutreiben, der einen passenden Reifen gehabt hätte und so hieß es- Auto tauschen. Wie gewonnen so zerronnen dachte ich bei mir und war schon auch etwas traurig, denn ich war mir sicher, dass wir einen solchen Wagen nicht wieder bekommen. Aber ohne Ersatzreifen durch die verlassensten Gegenden der Staaten zu gondeln war auch keine Alternative. Wir fahren zum Flughafen von P.S. zur Alamo Autovermietung. Wir fahren durch diese abgefahrene Stadt. Ein Rentnerparadies, viele Ärzte und Zahnärzte und Schönheitschirurgen. Wer es ruhig und schön haben will, zieht nach Palm Springs. Oder wer wilde Poolpartys will, grmpf. Wie der Name schon verrät, hat es hier eine Menge Palmen und maximal dreistöckige Häuser. Sehr gepflegt, aufgeräumt, sauber und in jedem Auto sitzt ein Rentner. Liebe P.G.S., wir kommen ganz neu über Pflegeimmobilien ins Gespräch- für Palm Springs. Ist zwar etwas teurer, dafür ist man unter sich. Wir kommen auf diesen süßen kleinen Flughafen und es stehen wirklich nicht viele Wagen auf dem Platz von Alamo. Der Tausch funktioniert absolut problemlos. Wir fahren jetzt einen Ford Escape. Schwarz. Wir packen die Klamotten um in Wehmut. Ich zumindest. In den nächsten zehn Minuten soll sich herausstellen, dass der Tausch ein Volltreffer war, die Wehmut ist wech. Der Ford verfügt über ein Satellitenradio. Kein Rauschen, keine Werbung und Radiosender vom aller Feinsten.Viel Country für die Roads. Genau das Richtige für uns. Am Besten ist Willie’s Roadhouse. Nach der Autokiste sollte es nach Kingman, Arizona gehen. Ich hatte immer noch keinen passenden Hut gefunden. Wilder Westen ohne Cowboyhut? Unmöglich! Wir fahren zum Pony Express, einem Western Fashion Shop. Auf dem Weg musste Kaffee her (der im Hotel zum Aufbrühen ist in-dis-ku-ta-bel, darüber allein könnte man schon einen Blog füllen). Bei Taco Bell war der Strom ausgefallen, wir bekamen lauwarmen geschenkt. Besser als kein Kaffee. Der Pony Express wurde von einem bezaubernden älteren Herren betrieben. Auch seine Vorfahren kommen aus Deutschland, Köln und Dresden. Oma hieß Hilde, Opa Günther. Ole kauft sich einen schönen Hut, ein T-Shirt und eine Minimundharmonika für die Wüste. Ich- kaufe nichts. Es ist wohl noch nicht so weit. Auf dem Weg nach Kingman liegt der Joshua Tree Nationalpark, der erste auf unserer Route. Eine wüstenähnliche Landschaft mit Palmen, die von den Mormonen einst Joshua Trees genannt wurden und Steinformationen, bei denen man sich fragt, wer die so drapiert hat. Man lässt uns am Eingang mit der von Familie M. im letzten Jahr gekauften Karte anstandslos passieren. Noch mal herzlichen Dank dafür. Sie ist noch diesen Monat gültig. Spannend ist ein View Point, der eine Sicht auf die San Andreas Verwerfung zeigt. Hier treffen also die Platten zusammen, die immer die Beben machen. Tiere habe ich leider außer Ameisen und einem dicken, könnte ein Hamster gewesen sein, nichts. Uns sind trotz Hochsaison nur eine Hand voll People in diesem Park begegnet. Es verläuft und fährt sich irgendwie alles in diesem riesigen Land. Klima heiß, trocken und irgendwie angenehmer Wind. Haben uns dann noch Felsen angeguckt, die wie ein Totenkopf aussehen, deshalb Scull Rock. Mit Phantasie zu erkennen. Nach dem Park Umweg zu einem weiteren Western Fashion Laden. Nix gefunden. Faxen dicke. Gibt keinen Hut basta. Jetzt fangen diese geraden und schier endlosen Highways an. Rechts und links riesige Gebirgsketten und dazwischen Wüste. Ich sehe etwas in der Ferne und denke erst, da fährt ein Auto oder da reitet einer. Es sind kleine Windhosen, die auf dem Wüstensand tanzen. Ganz hübsch anzusehen. Hauptsache, die bleiben so. Eigentlich wollten wir über Oatman nach Kingman fahren. Ist wohl eine kleine Stadt, ganz nett. Die machen da mittags Highnoon mit Schießen mit Cowboys auf der Straße. War ja aber schon später und die Autotauschgeschichte hat uns zwei Stunden des Tages geraubt- Oatman fällt aus. Der Hunger leider nicht. Wollten in Needles etwas essen, aber das war ein ganz schlimmer Ort, nichts wie weg. Als wir in Kingman ankommen, ist es bereits dunkel. Das heißt nicht, dass es spät war, aber um acht ist hier sense. Haben uns einen Diner gesucht, „Mr T’z“ absolute Granate. Es gab Burger aber leider kein Bier dazu. In Arizona kann man nicht in jedem Lokal Alkohol bekommen. Macht ja nichts, trinke ich eben eine Cola diet (in einem ein Liter Becher- warum ist hier alles immer so groß). Hatte auch versehentlich eine „light“ bestellt, aber so etwas gib’s hier nich. Der Gatte bestellt sich ein so genanntes als auch Root Beer. Etwas so ekelhaftes habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht getrunken. Schmeckt wie etwas Schlimmes (Hustensaft oder so) und dann schwimmt da noch eine Kugel Vanilleeis drin. Wir verlassen diesen wunderschönen Diner und fahren noch zwei Meilen zum Hotel. Der neuste Running-Gag „Da soll ja heute eine Poolparty sein“. Es ist keine und es entpuppt sich eher als eine Art Motel, Auto direkt vor der Tür. Das kommt mir sehr entgegen. Einfach, schlicht aber sauber und in unserem Zimmer übernachtete einst im Jahre 1993 Gene Hackman. Steht zumindest dran. Die Hotelbewertungen im Internet waren sehr verhalten und sagten immer so etwas wie „Bedbugs“. Ich will davon nichts wissen. Es ist sehr warm und wir haben eins von wenigen Malen nur ein Bett. Mal sehen wie die Nacht wird.